Ein Schuljahr lang (zumindest war es so geplant) funktionierten wir mit Schülern aller Altersstufen der Grundschule Much-Marienfeld jeden Montag für 2 Schulstunden einen Klassenraum zur Filzwerkstatt um und machten uns mit dem Werkstoff Wolle und seiner spannenden Eigenschaft des Verfilzens vertraut.
Die Grundtechnik des uralten Filzer-Handwerks ist leicht erlernbar und erlaubte schon den Erstklässlern, mit großer Freude am Tun aus weicher, ungesponnener Schafswolle durch der eigenen Hände Arbeit stabile Filzwerke zu erschaffen.
Wir begannen zunächst mit Arbeiten nach Naturvorbildern (Sommerblüten, buntes Herbstblatt, Apfel), später entstanden jahreszeitlich orientierte Werkstücke - so zierte eine Gruppe fröhlicher schwarzer Raben im Herbst die Vitrine der Schulbibliothek – und im Advent entstanden Nikoläuschen oder Weihnachtsgebäck.
Wir lernten, wie man Wolle an der Kardiermaschine kämmt und Farben darauf mischt, die im Filzprozess eine neue Wirkung erzielen. Das Besticken mit gesponnenen Wollfäden zeigte eine weitere Gestaltungsform für den vielseitigen Werkstoff Wolle.
Ein Bild im A4-Format mit Motiven nach eigenem Entwurf verlangte sowohl Fantasie als auch körperlichen Einsatz und Ausdauer, um die nötige Schrumpfung der Wolle zu erreichen. Mehrere Schüler/innen kombinierten Blumenmotive mit ihren Namen, neben Herzformen und Fantasieornamenten verblüffte besonders ein Traktormotiv durch seine gekonnte Gestaltung.
An weiteren Tagen fanden sich vielfältige Möglichkeiten, die Themen „rund und bunt“ sowie „Schnüre“ nach eigenen Ideen frei umzusetzen. Es entstanden Kugelformen von der rot-grünen Melone bis zum grinsenden Smiley, und die Schnur entpuppte sich hier als Armband, dort als Blumenstiel oder Mauseschwanz. Verschiedene Wollqualitäten kamen zum Einsatz, ihre speziellen Eigenschaften wurden entsprechend ihrer Vorzüge eingesetzt. Auch die Verwendung der Filznadel als Spezialwerkzeug eröffnete neue Gestaltungswege.
Durch das vorzeitige Ende des Projektes wegen der beginnenden Corona-Krise im März 2020 konnten viele Pläne leider nicht verwirklicht werden, allen voran das große Wandbild für die Bibliothek, das als Gemeinschaftsprojekt hätte wachsen sollen. Eine wichtige Erfahrung wäre auch das Aufbereiten der frisch geschorenen Wolle vom Waschen und Kämmen bis zum selber Färben und Verfilzen gewesen – ein neues Vlies vom hiesigen Schäfer war schon bestellt.
Trotzdem haben alle teilnehmenden Kinder in diesem Projekt ihre Lust am textilen Gestalten bewiesen, erfreulicherweise auch geschlechter-übergreifend, obwohl der Anteil an Schülerinnen deutlich überwog. Besonders positiv möchte ich bewerten, dass auch die eher unruhigen und vermeintlich ungeschickteren Kinder ganz wunderbare Arbeiten gestalteten und sich – nach manch vordergründigem Wehren – doch sehr kreativ auf den Werkstoff Wolle einlassen konnten. Die Freude am Tun - frei von jeglichem Notendruck - und der Stolz auf das eigene Kunstwerk waren in jeder Stunde zu spüren.